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TTC Eggenfelden

Tischtennisclub feiert 75. Jubiläum – Platten-Pioniere mit dem Leiterwagen

Eggenfelden. Es war wenige Monate nach Kriegsende, als man ein paar junge Burschen durch Eggenfeldens Straßen ziehen sah. Regelmäßig kamen sie des Weges, einen Leiterwagen hinter sich herziehend. Aufgeladen hatten sie eine Tischtennisplatte und ihr Weg führte zu den Wirtshäusern. Wo man sie einließ, da bauten sie ihre Platte auf und spielten. Das waren die Anfänge des Tischtennisclubs nach der Zwangspause während des Zweiten Weltkriegs. Die Freude an der Sportart lebte wieder auf – und ebbte nicht mehr ab: Nächste Woche feiert der TTC sein 75-jähriges Bestehen.

Jakob Perl war einer der jungen Männer auf der Suche nach einem Platz zum Trainieren. „Die einfachen Umstände, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen“, sagt der 79-Jährige. Seit sechs Jahrzehnten ist er Mitglied im TTC, hat die Entwicklung zu einem der wichtigsten Vereine Eggenfeldens miterlebt. Und so denkt er bei Turnieren in einer großen Halle oft zurück an die Anfangszeiten: als der TTC genau drei Tische besaß. Als der Belag der Schläger aus Sandpapier statt aus Gummi bestand. Als man ein Loch im Ball mühsam mit flüssigem Aceton flickte. Und als man mangels Trainingsplatzes mit dem Leiterwagen hausieren ging.

17 Jahre alt war Jakob Perl damals. Schon während der Kriegsjahre hatten er und seine Freunde hin und wieder gespielt: „Zum Zeitvertreib, zur Unterhaltung.“ Im elterlichen Wohnzimmer seines Freundes Dr. Hans Steiger, dessen Vater der erste Vorsitzende der Vereinsgeschichte war, räumten sie den Tisch beiseite und stellten eine Platte auf. Tischtennis, erinnert sich Hans Steiger, gehörte seit jeher zum Familienalltag. Selbstverständlich, dass er selber zu spielen anfing: „Außer Sport gab es nichts. Irgendetwas musste man machen.“

1946 bildeten Perl und Steiger mit ein paar Gleichaltrigen die erste Jugendmannschaft des TTC. Spieler der Ersten und Zweiten brachten ihnen die richtigen Handgriffe bei. Und so begann anfangs das Vagabundieren mit dem Leiterwagen: Der TTC hatte keine Halle, kein Vereinsheim. „Wir spielten mal da, mal dort. Von den Lokalen gibt es heute kaum mehr eines.“ Doch gestört hat die jungen Spieler die Herbergssuche nicht. Auch nicht, dass damals kaum ein Wirt seine Säle beheizte. „Im Winter brachten wir selber Kohle und Briketts mit. Vor allem bei den Turnieren mit Gastmannschaften schauten wir, dass es ein bisserl warm wird“, erinnert sich Perl.

„Eine Hochburg des Tischtennis“

Immer schon hätten die Eggenfeldener gute Kontakte zu anderen Vereinen, vor allem in Oberbayern, gehabt: „Da wurden schon vor dem Krieg Verbindungen hergestellt. An die konnte man anknüpfen und schnell wieder aktiv in die Turniere einsteigen.“ Bereits 1946, ein Jahr nach Wiederaufnahme des Spielbetriebs, trat der TTC in die Bayerische Oberliga ein. „Eggenfelden wurde eine Hochburg des Tischtennis“, sagt Perl.

Spieler aus Mühldorf, Traunstein und München waren fortan oft zu Gast im Rottal – und umgekehrt fuhren die Eggenfeldener zu vielen Auswärtsspielen. Perl, Steiger und ihre Altersgenossen fuhren mit und sprangen hin und wieder als Auswechselspieler ein. „Da war man natürlich stolz“, erzählt Perl.

Dafür nahm man auch die oft lange, aufwendige Anreise in Kauf: „Kaum einer hatte ein Auto. Wir mussten mit dem Zug mit vielen Zwischenstopps fahren. Einmal fuhren wir auf der Ladefläche eines Lkw mit zu einem Spiel, nur notdürftig zugedeckt.“ Zusammengeschweißt hätten solche Aktionen, sagt Jakob Perl: „Überhaupt waren wir eine eingeschworene Gemeinschaft.“ Nach den zermürbenden Kriegsjahren, erzählt er, hätten die Menschen sich vor allem in den Vereinen wieder zusammengefunden. „Es kam wieder eine Gesellschaft zustande. Man traute sich wieder zu lachen, der Ernst war abgefallen.“

Die Vereine – neben dem TTC zum Beispiel der SSV oder der Turnverein – waren es auch, die den Fasching zurück nach Eggenfelden brachten. Das Tischtennis-Kränzchen im Gruber-Keller West wurde schnell beliebt. „Es spielten kleine Musikkapellen, man verkleidete sich. Es herrschte große Ausgelassenheit“, sagt Jakob Perl. Alte Fotos zeigen die Freunde mit Hüten und wild gemusterten Hemden in der „Kongo-Bar“.

Weihnachtsfeiern und Sommerfeste wurden weitere Pflichttermine. „Die erste Weihnachtsfeier werde ich nie vergessen“, erzählt Perl. Alkoholische Getränke konnte man nirgends kaufen, „es gab höchstens Dünnbier“. Umso größer war die Freude, als Mitglieder von einem Landwirt Most auftreiben konnten. „Was war der sauer. Aber wir tranken ihn gern. Und hatten alle einen Schwips.“

Im Verein bildeten sich Freundschaften, die bis heute gehalten haben. So zum Beispiel die zwischen Perl und Steiger. „Tischtennis verbindet“, sagt Jakob Perl. Auch als er als Schreinerlehrling ein halbes Jahr in Kelkheim im Taunus verbrachte, habe Tischtennis ihm manche Tür geöffnet: „Als ich dort hinkam, habe ich mich gleich nach einem Verein umgesehen. Ich spielte regelmäßig und lernte viele Leute kennen.“ Gerne beobachtet Jakob Perl heute die Nachwuchsspieler, die ebenfalls eine eingeschworene Mannschaft sind und mit viel Ehrgeiz an der Platte stehen: „Heutzutage wird viel mehr auf Spieltechnik geschaut als damals bei uns.“ Ihm habe das Training mit Ball und Schläger vor allem im Alltag genützt: „Tischtennis ist ein schnelles Spiel. Man muss flink reagieren. Das bringt einem zum Beispiel im Straßenverkehr was. Das Reaktionsvermögen ist besser.“

„Urgesteine“ haben noch Kondition

Mit Hans Steiger spielt Perl bis heute gerne eine Partie. „Normalerweise treffen wir uns montags und trainieren eine gute Stunde.“ Als vor fünf Jahren ein großes Turnier anlässlich des 70. Jubiläums des TTC stattfand, traten Perl und Steiger als die „Urgesteine“-Mannschaft an. Und bewiesen dabei Kondition und Ballgefühl. Nichts besonderes, finden die Beiden. Denn: „Tischtennis verlernt man nicht.“

Am Sonntag, 24. Mai, feiert der TTC sein Jubiläum im Rahmen der Aktion „Eggenfelden bewegt sich“. Die Halle IV am Sportzentrum ist von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Das Tischtennis-Schnuppermobil des Deutschen Tischtennis Bundes ist ebenfalls vertreten.

31. Mai 2009, Wolfgang Mylius